Die Tonhöhe der Stammtöne ist um einen Halb- oder Ganztonschritt nach oben oder unten veränderbar (Alteration). In der Notenschrift wird dies durch Akzidenzien (Versetzungszeichen) notiert.
Es gibt einfache und doppelte Versetzungszeichen, sowie das Auflösungszeichen.
Die Versetzungszeichen werden auf zweierlei Art gebraucht: bei Bedarf im Verlaufe eines Musikstücks (zufällige Versetzungszeichen) und zur Vorschrift der Tonart (Tonartvorzeichnung, wesentliche Versetzungszeichen, → [20] Tonartvorzeichnung)
Die einfachen Versetzungszeichen Kreuz und B, erhöhen bzw. erniedrigen den Stammton vor dem sie stehen um einen chromatischen Halbtonschritt.
Die so gewonnenen Töne erhalten Namen, die sich von den Stammtönen ableiten, die alteriert wurden.
Bei einfacher Erhöhung mit Kreuz wird die Silbe „-is“ an den Stammtonbuchstaben angehängt.
Abb. 18-1 mit Kreuz erhöhte Stammtöne – Lage auf der Klaviatur
Sprich: aïs – eïs ; im Niederländischen heißt der Ton his „bis“; fett gedruckte Tonnamen sind schwarze Tasten.
Bei einfacher Erniedrigung mit b wird die Silbe „-es“ an den Stammtonbuchstaben angehängt. Dabei sind Ausnahmen (unterstrichen) zu beachten:
Abb. 18-2 mit B erniedrigte Stammtöne – Lage auf der Klaviatur
Im Niederländischen heißt der Ton b „bes“; fett gedruckte Tonnamen sind schwarze Tasten.
Einfach alterierte Töne sind meist schwarze Tasten.
Doppelkreuz und Doppel-B erhöhen, bzw. erniedrigen den Stammton vor dem sie stehen um zwei chromatische Halbtonschritte.
Die Benennung erfolgt durch nochmaliges Anhängen der Silben „-is“ bzw. „-es“
Die Ausnahmen bei der Benennung sind unterstrichen.
Als Zeichen für Doppelkreuz wurden früher zuweilen zwei normale Kreuzzeichen nebeneinander geschrieben.
Abb. 18-3 mit Doppelkreuz erhöhte Stammtöne – Lage auf der Klaviatur
Fett gedruckte Tonnamen sind schwarze Tasten.
Abb. 18-4 mit Doppel-B erniedrigte Stammtöne – Lage auf der Klaviatur
ases wird bisweilen auch asas genannt; fett gedruckte Tonnamen sind schwarze Tasten.
Doppelt alterierte Stammtöne sind meist weiße Tasten.
Das Auflösungszeichen macht die Alteration durch Versetzungszeichen rückgängig.
Noten, vor denen ein Auflösungszeichen steht, sind immer Stammtöne, gleichgültig ob der betreffende Stammton zuvor einfach oder doppelt alteriert war.
In Takt gebundener Musik gelten die zufälligen Versetzungszeichen immer nur für die Dauer des Taktes (also bis zum nächsten Taktstrich) und nur für die Oktavlage in der sie stehen. Ausnahme: das Versetzungszeichen muss wiederholt werden, wenn 1. bei geteiltem System die andere Stimme den alterierten Ton später im Verlaufe des Taktes ebenfalls erhält und 2. nach Schlüsselwechsel innerhalb eines Taktes der alterierte Ton wiederum erscheint.
Bei der Überbindung einer Note in den nächsten Takt gilt auch für die angebundene Note noch das Versetzungszeichen des vordrehenden Taktes und zwar so lange, wie die Bindung dauert.
Abb. 18-5 Wirkung von Versetzungszeichen – Warnakzidenzien
Stichregel:
Erst wenn die Bindung in die nächste Zeile übergeht, muss das Versetzungszeichen bei der ersten Note der neuen Zeile wieder geschrieben werden.
Akzidenzien werden auf dieselbe Höhe wie der Kopf der folgenden Note gesetzt, berühren ihn aber nicht.
Bei Hilfsliniennoten erhalten die Akzidenzien keine Hilfslinien.
Die Anordnung der Akzidenzien vor Akkorden erfolgt von der obersten Note abwärts. Dabei sollen sie so dicht wie möglich vor den ihnen zugeordneten Tönen stehen. Auf jeden Fall stehen die Akzidenzien bei Oktaven immer lotrecht untereinander.
Die Wirkung eines Versetzungszeichen wird durch ein anderes aufgehoben. Das gilt auch für doppelte Akzidenzien.
Die früher oft und auch heute noch zuweilen anzutreffende Schreibweise von Kreuz- und B-Zeichen kombiniert mit dem Auflösungszeichen ist widersinnig und erschwert die Lesbarkeit.
Um Missverständnisse zu vermeiden und die Lesbarkeit zu erhören, werden entgegen dieser Regel häufig zusätzliche Akzidenzien – meist in Klammern – geschrieben (Warnakzidenzien). Sie dienen als Gedächtnisstütze und sollten sparsam angewendet werden.
In Neuer Musik findet sich die individuelle Praxis einzelner Komponisten Akzidenzien nur für die Note gelten zu lassen vor der sie stehen. Dabei werden Stammtöne zum Teil gar nicht oder durchweg mit Auflösungszeichen geschrieben. Auf doppelte Akzidenzien wird weit gehend verzichtet. In einer Legende zur Partitur sollte in solchen Fällen die gehandhabte Schreibweise erläutert werden.
Bei aufwärts gerichteter Stimmbewegung werden Kreuz und Doppelkreuz, bei abwärts gerichteter B und Doppel-B bevorzugt.
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Beim Vergleich der Tastenbilder in Abb. 5-1 und Abb. 18-1 bis Abb. 18-4 fällt auf, dass alle Tasten der Klaviatur verschiedene Bezeichnungen tragen können. In der Tat kann jede Tonhöhe auf mehrere Arten notiert werden kann. Dies geschieht normalerweise in Abhängigkeit von der momentan gültigen Tonart.
Elf Tonhöhen innerhalb einer Oktave können auf jeweils drei Arten geschrieben werden, lediglich eine auf nur zwei Arten (as – gis). Diese Tatsache nennt man Enharmonik.
Abb. 19-1 Enharmonische Töne
Es gibt im gleich schwebend temperierten Tonsystem also 12 Tonhöhen innerhalb einer Oktave mit insgesamt 35 Tonhöhenbezeichnungen (7 Stammtöne – alle können einfach und doppelt erhöht, bzw. erniedrigt werden: 7 × 5 = 35)
Die Umbenennung einer Tonhöhe und die entsprechend geänderte Notation nennt man enharmonische Verwechslung (der enharmonisch verwechselte Ton wird dann von einem anderen Stammton abgeleitet). Dies geschieht entweder um die Lesbarkeit der Noten zu erhöhen (durch Verzicht auf doppelte Akzidenzien) oder wenn eine (enharmonische) Modulation stattfindet (und dabei dieselbe Tonhöhe jeweils von einem anderen Stammton abgeleitet wird [Umdeutung]).
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In der Tonart gebundenen (dur-moll-tonalen) Musik erfolgt die Angabe der Tonart (Tonartvorzeichnung) durch eine entsprechende Zahl Versetzungszeichen direkt nach dem Notenschlüssel am Anfang jeder Zeile.
Die Versetzungszeichen, die die Tonart bezeichnen, nennt man wesentliche Versetzungszeichen.
Dabei wird immer nur eine Art der Versetzungszeichen notiert, und zwar bis zu sieben – entweder Kreuze oder Bs (Doppelkreuz und Doppel-B werden der besseren Lesbarkeit halber vermieden).
In der Neuen Musik gibt es Tonartvorzeichnungen, die Kreuze und Bs vermischen. Es handelt sich dabei um künstliche Tonleitern, häufig mit Bezug zu den Kirchentonarten.
Die Tonartvorzeichnung wird – im Unterschied zur Taktbezeichnung – am Anfang jeder Zeile erneut geschrieben.
In der Tonartvorzeichnung sind nicht alle Oktavlagen bezeichnet. Dennoch gelten diese Vorzeichen für die ganze Notenzeile und für alle Oktavlagen.
Die Notation der Tonartvorzeichnung geschieht nach folgendem Muster in den neun verschiedenen Schlüsseln:
Abb. 20-1 Position der Akzidenzien innerhalb der Tonartvorzeichnung bei allen neun Schlüsseln
Abb. 20-2 Notation von Tonartwechseln
Stichregel:
Bei Tonartwechsel innerhalb eines Stückes können auch Auflösungszeichen zur „Neutralisierung“ vorhergehender Tonartvorzeichnung Verwendung finden.
Tonartwechsel finden immer zu Beginn eines Taktes statt.
Normalerweise wird vor die neue Tonartvorzeichnung ein Doppelstrich geschrieben.
Erfolgt der Tonartwechsel am Beginn einer neuen Zeile, wird dieser am Ende der vorhergehenden angekündigt. Bei einem Wechsel nach C-Dur/a-Moll werden an den Beginn der neuen Zeile keine Auflösungszeichen als Vorzeichnung gesetzt.
Bei der Notation der Neuen Musik (nicht tonal) ist es gebräuchlich, auf eine Tonartvorzeichnung zu verzichten. Die Akzidenzien gelten dann ausschließlich für die Noten vor denen sie stehen. Von Stammtönen abgeleitete Töne werden mit Kreuz oder B geschrieben, die Stammtöne selbst durchweg mit Auflösungszeichen (→ viertes Beispiel in Abb. 28-1). Allerdings sollte in der Partitur darauf hingewiesen werden.
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