11. Terzverwandtschaft

Andere Bezeichnungen: Unter- und Oberterzklänge, Parallelklänge, Substitutklänge, Unter- und Obermedianten, Mediantik

11.1 Prinzip

1 Akkorde und Tonarten, deren Grundtöne im Abstand einer großen oder kleinen Terz stehen, sind terzverwandt. Während die Hauptfunktionen T/t, D und S/s untereinander quintverwandt sind, werden die übrigen leitereigenen Dur- und Molldreiklänge als zu den Hauptfunktionen terzverwandte Nebenfunktionen angesehen.

T/t und D sowie T/t und S/s sind (direkt) quintverwandt, D und S/s sind doppelquintverwandt (sekundverwandt). → 2.1.5.
Jeder Dreiklang hat zwei mit ihm quintverwandte Dreiklänge. Für die T sind dies D (oberer quintverwandter Dreiklang) und S (unterer quintverwandter Dreiklang). Außerdem gibt des zu jedem Dur- und Moll-Dreiklang unabhängig von der Tonart vier terzverwandte Dreiklänge: jeweils zwei im Anstand einer kleinen und großen Terz. Diejenigen, deren Grundton eine Terz tiefer steht, sind untere Terzverwandte. Ist der Grundton eine Terz höher, handelt es sich um obere Terzverwandte.

Das System der Terzverwandtschaften wird auch Mediantik genannt. Unter Mediante ist zunächst die Terz eines Dreiklangs zu verstehen, ursprünglich sogar nur die Terz der Tonika, also die 3 (seit C. Masson, 1694). Die (leitereigene) Terz unter dem Dreiklangsgrundton wird schon von J. Ph. Rameau als Untermediante bezeichnet; die eigentliche Mediante als Obermediante. Mit Unter- und Obermediante werden darüber hinaus die Dreiklänge auf den so benannten Stufen bezeichnet.
in Dur: Obermediante = Gegenklang; Untermediante = Parallele
in Moll: Obermediante = Parallele; Untermediante = Gegenklang

2 Die Art der Terzverwandtschaft wird bestimmt durch den Abstand der Grundtöne:

Als Funktionssymbol für Parallelen wird der Buchstabe p/P verwendet. Ihm voraus geht das Symbol der Funktion, um dessen Parallele es sich handelt; z.B. Tp = Parallele der Tonika (Tonikaparallele).
Bei Gegenklängen wird der Buchstabe G/g verwendet; z.B. tG = Gegenklang der Tonika (Tonikagegenklang).

3 Die Nähe der Terzverwandtschaft richtet sich nach:

Terzverwandte Dreiklänge werden im Folgenden kurz als „Terzverwandte“ bezeichnet, Terzverwandte 2. bis 4. Grades zusammenfassend „entfernte Terzverwandte“.

Zu unterscheiden sind demnach:

Terzverwandtschaft 1. Grades (1. Terzverwandte):
die 1. Terzverwandten (nicht nur deren Grundtöne) sind leitereigene Dreiklänge in der Tonart ihres Bezugsklanges, haben entgegengesetztes Geschlecht und zwei gemeinsame Töne mit ihm

andere Bezeichnungen: leitereigene, enge oder diatonische Terzverwandtschaft

Bsp. 11.1.-1: Terzverwandtschaft 1. Grades

Terzverwandtschaft 1. Grades


Grundton und Terz der Bezugsfunktion sind im unteren Terzverwandten als Terz und Quinte enthalten.
Terz und Quinte der Bezugsfunktion sind im oberen Terzverwandten als Grundton und Terz enthalten.

Die unteren 1. Terzverwandten (in Dur: Parallele; in Moll: Gegenklang) enthalten den Grundton der Bezugsfunktion und eignen sich daher besonders als deren Stellvertreter.
Die oberen 1. Terzverwandten (in Dur: Gegenklang; in Moll: Parallele) enthalten nicht den Grundton der Bezugsfunktion.

Die Parallelen in Dur werden mitunter auch „Unterterzklänge“ oder „Submedianten in Dur“, die Gegenklänge „Oberterzklänge“ oder „Medianten in Dur“ genannt.

Terzverwandtschaft 2. Grades (2. Terzverwandte):
die Grundtöne der 2. Terzverwandten sind leitereigen in der Tonart ihres Bezugsklangs; die 2. Terzverwandten haben das gleiche Geschlecht wie ihr Bezugsklang und einen gemeinsamen Ton mit ihm. Es handelt sich um die Varianten der 1. Terzverwandten.

andere Bezeichnung: erweiterte oder chromatische Terzverwandtschaft

Bsp. 11.1.-2: Terzverwandtschaft 2. Grades

Terzverwandtschaft 2. Grades


Die Terz der Bezugsfunktion ist Quinte des unteren und Grundton des oberen terzverwandten Klanges.
Der Dur-Dreiklang auf 6 (a1) ist weit häufiger Zwischendominante zu Sp denn TP; ebenso ist der Dur-Dreiklang auf 3 (a2) meist Zwischendominante zu Tp.
tg (b1) als tonikalen Klang zu interpretieren, entspricht der Systematik, nach der zu jedem Dreiklang untere und obere Terzverwandte 1. bis 4. Grades gebildet werden können. Die Konsequenz innerhalb dieser Systematik entspricht aber nicht immer der Hörerfahrung: Die Töne des tg werden nicht unbedingt als Grundton, Terz und Quinte der Moll-Variante des tG wahrgenommen, sondern vielmehr als D9– oder s3 (Gleitton), D3 (Leitton enharmonisch) und D6– (oder D5< in Dur [enharmonisch]).
Eine weitere Deutung des Moll-Dreiklangs auf der 3 in Moll (b2) könnte dg lauten. Der dominantische Bezug ist aber sehr gering: zunächst ist d keine echte Dominante, sodann lässt sich die Dominante nur unter bestimmten Voraussetzungen vertreten und schließlich gibt es keinen Ton dieses Dreiklangs, der direkt als Ton der Dominante zu verstehen wäre. Also ist die einzig sinnvolle Deutung die der tp.

Terzverwandtschaft 3. Grades (3. Terzverwandte):
die Grundtöne der 3. Terzverwandten entstammen der Varianttonart ihres Bezugsklanges; die 3. Terzverwandten haben gleiches Geschlecht wie ihr Bezugsklang und einen gemeinsamen Ton mit ihm. Es handelt sich um 1. Terzverwandte der Varianttonart.

andere Bezeichnung: entfernte Terzverwandtschaft

Bsp. 11.1.-3: Terzverwandtschaft 3. Grades

Terzverwandtschaft 3. Grades


Der Grundton der Bezugsfunktion ist Terz des unteren terzverwandten Klanges; die Quinte der Bezugsfunktion ist Terz des oberen terzverwandten Klanges.

Terzverwandtschaft 4. Grades (4. Terzverwandte):
die Grundtöne der 4. Terzverwandten entstammen der Varianttonart ihres Bezugsklanges; die 4. Terzverwandten haben entgegengesetztes Geschlecht zu ihrem Bezugsklang und keinen gemeinsamen Ton mit ihm. Es handelt sich um Varianten der 3. Terzverwandten (also Varianten der 1. Terzverwandten der Varianttonart).

andere Bezeichnungen: scheinbare oder falsche Terzverwandtschaft

Bsp. 11.1.-4: Terzverwandtschaft 4. Grades

Terzverwandtschaft 4. Grades


Anmerkung: Die Einteilung in verschiedene Grade von Terzverwandtschaft fällt bei manchen Autoren anders aus. Zum Teil werden nur drei Grade unterschieden: die hier geschilderte Terzverwandtschaft 4. Grades rangiert dort als 3. Grad.

Terzverwandte

Sigal

de la Motte1

Krämer2

Amon3

leitereigene Terzverwandte

1. Terzverwandte

Parallelklänge

leitereigene
Terzverwandtschaft

leitereigen
Terzverwandtschaft

Varianten der leitereigenen Terzverwandten

2. Terzverwandte

Varianten der
Parallelklänge

entfernte Terzverwandtschaft
1. Grades

erweiterte (chromatische) Terzverwandtschaft

leitereigene Terzverwandte der Varianttonart

3. Terzverwandte

Parallelklänge der Varianten

entfernte Terzverwandtschaft
2. Grades

 

Varianten der leitereigenen Terzverwanden der Varianttonart

4. Terzverwandte

Varianten der
Parallelklänge der Variante

entfernte Terzverwandtschaft
3. Grades

scheinbare
Terzverwandtschaft

1 Diether de la Motte, Harmonielehre, Kassel, 1976
2 Thomas Krämer / Manfred Dings, Lexikon Musiktheorie, Wiesbaden, 2005
3 Reinhard Amon, Lexikon der Harmonielehre, Wien-München, 2005

4 Während bei den Terzverwandten 1. Grades der Tonika nur leitereigene Töne vorkommen, treten bei den entfernten Terzverwandten leiterfremde Töne auf.

Dies hat nicht nur eine klangliche Bereicherung zur Folge, sondern ermöglicht auch den Wechsel zu anderen Tonarten (Ausweichung oder Modulation).

Da nur Dur- und Moll-Dreiklänge als verwandt angesehen werden, fehlen Dominante und Subdominante jeweils ein 1. Terzverwandter.

Bsp. 11.1-5: Terzverwandte 1. Grades von Dominante und Subdominante

Terzverwandte 1. Grades von Dominante und Subdominante


Bsp. 11.1.-5b…: Der untere 1. Terzverwandte der Mollsubdominante (b1) hat seinen Sitz auf der 2. II ist in Moll jedoch ein verminderter Dreiklang. Um ihn zum 1. Terzverwandten zu machen, wird die 2 erniedrigt. Der so entstandene Mollsubdominant-Durgegenklang (sG) ist nicht leitereigen in Moll, sondern stammt aus dem Phrygischen. Er funktioniert immer als Neapolitaner (N).
Bsp. 11.1.-5c…: Der obere 1. Terzverwandte der (Dur-)Dominante (c2) hat seinen Sitz auf der 7. Der leitereigen Dreiklang VII ist in Dur und im harmonischen Moll ein verminderter Dreiklang. Wird die Quinte erhöht, ergibt sich der obere 1. Terzverwandte, der nicht leitereigen ist. Er stammt aus der Dominanttonart und hat häufig doppeldominantische Funktion.

Einige Terzverwandte können mehrere Funktionen übernehmen:
Sg (a2) ist weit häufiger Tp
sP (b2)wird meist als tG zu deuten sein
schwierig ist in den meisten Fällen die Entscheidung, ob Dp oder Tg vorliegt (c1)

Wegen der Problematik der „Molldominante“ ergibt sich für deren Terzverwandte:
dG (d1) wird meist tP (also T der Paralleltonart) oder aber Zwischendominante des tG sein
dP (d2) lässt sich kaum ausmachen, vielmehr ist dieser Dreiklang 2.S oder auch Zwischendominante der tP

Über die funktionale Zuordnung mehrdeutiger Akkorde entscheidet der konkrete musikalische Zusammenhang.

Die 2. Terzverwandten der beiden Dominanten:

Bsp. 11.1.-6: Terzverwandte 2. Grades von D, S und s

Terzverwandte 2. Grades von D, S und s


Bsp. 11.1.-6a…: DP (a1) ist meist Zwischendominante zu Tp; DG (a2) funktioniert fast immer als Zwischendominante zu Dp/Tg
Bsp. 11.1.-6b…: SP (b1) wird selbstverständlich als 2.D gehört; SG (b2) wird wohl häufiger Zwischendominante zu Sp sein
Bsp. 11.1.-6c…: Den Moll-Dreiklang auf der b2 (c1) als „Moll-Neapolitaner“ zu bezeichnen, wäre so verwegen wie eine „Moll-Doppeldominante“ zu konstruieren. Wenn er unmittelbar auf den N folgt handelt es sich bestenfalls um die „Vermollung des Neapolitaners“. sp kann auch als tg gedeutet werden, wobei der Bezug zur tonikalen Ebene weit schwächer ist; eigentlich ist dieser Klang dominantisch aufzufassen: sp1 = s3  oder D9– (Gleitton); sp3 ≈ D3 (Leitton); sp5 ≈ D5< (künstlicher Leitton), also ≈Dv5<7
Die 3. Terzverwandten der D sind wegen der Problematik der d vernachlässigt.

5 Dreiklänge lassen sich als Terzverwandte nicht nur zu den Hauptfunktionen erklären, sondern mit Einschränkungen auch als 1. Terzverwandte zur Doppeldominante, Doppelsubdominante und zum Neapolitaner.

Bsp. 11.1.-7: Terverwandte 1. Grades von 2.D, 2.S, 2.s und N

Terverwandte 1. Grades von 2.D, 2.S, 2.s und N


Sie sind als solche am verständlichsten, wenn sie unmittelbar ihrem Bezugsklang folgen.
Bsp. 11.1.-7a…: Der Moll-Dreiklang auf der #4 (a2) wird im doppeldominantischen Umfeld als 2.Dg verständlich, während der Moll-Dreiklang auf der 7 (a1) auch als Dg interpretiert werden kann.
Bsp. 11.1.-7b…: Den Moll-Dreiklang auf der 5 (b1) als 2.Sp zu deuten ist möglicherweise sinnvoller denn als d. Der Moll-Dreiklang auf der 2 wird immer als Sp aufzufassen sein.
Bsp. 11.1.-7c…: Der Dur-Dreiklang auf der b5 (c1) hat die größtmögliche Entfernung zur T/t; im Umfeld der 2.s (und deren phrygischen Einschlag) ist die Deutung als 2.sG oft die einzig sinnvolle. Der Dur-Dreiklang auf der b2 (c2) ist identisch mit N und als solcher zu verstehen.
Bsp. 11.1.-7d…: Der Moll-Dreiklang auf der b7 (d1) wird als Np erklärbar, während Ng selbstverständlich s ist.
Da die 1. Terzverwandten dieser vier Funktionen ohnehin schwerer zu verstehen sind, werden 2., 3. und 4. Terzverwandte – obwohl darstellbar – nicht nachzuvollziehen sein.

6 Mittelbare Terzverwandtschaft liegt vor, wenn zu Terzverwandten wiederum Terzverwandte gebildet werden.

Nicht alle möglichen Kombinationen ergeben sinnvolle Lösungen. Die 1. Terzverwandten von 1. Terzverwandten stellen die Bezugsfunktion selbst dar (z.B. TpP = T, tGg = t) oder obere oder untere Quintverwandte (z.B. TpG = S, TgP = D); die 2. Terzverwandten sind Varianten der Ausgangsfunktion (z.B. Tpp = t, tpp = T) oder ebenfalls obere oder untere Quintverwandte (z.B. tPG = D, tGP = S).

Sinnvoll können Interpretationen der 1. und 2. Terzverwandten von 2. Terzverwandten sein.
Bsp. 11.1.-8 zeigt die 1. und 2. Terzverwandten der 2. Terzverwandten der T (a1-6) und der t (b1-6).
Einige dieser mittelbaren Terzverwandten sind enharmonisch identisch mit anderen mittelbaren Terzverwandten (z.B. TPp [a1] und tpp [b2]) oder mit unmittelbaren Terzverwandten (z.B. TGG [a4] und tG).

Bsp. 11.1.-8: mittelbare Terzverwandte der Tonika

mittelbare Terzverwandte der Tonika


Mittelbare Terzverwandtschaft ist nur in der unmittelbaren Abfolge der Terzverwandten verständlich (Bsp. 11.1.-9).

Bsp. 11.1.-9: Beispiel für verständliche mittelbare Terzverwandtschaft

Beispiel für verständliche mittelbare Terzverwandtschaft


Günstig wirken sequenzartige Folgen gleicher Terzen auf- oder abwärts bei gleich bleibendem Geschlecht der Dreiklänge (Bsp. 11.1-10). Gehört wird (bei a): Tonika, deren verdurte Parallele, davon wiederum die verdurte Parallele und nochmals (analog bei b bis d). Bei Folgen nur großer oder kleiner Terzen in die immer gleiche Richtung wird (enharmonisch) der Ausgangston wieder erreicht. Da jeder der Dreiklänge aber in eine andere Tonart gehört, geht der Bezug zum Anfangsklang verloren.

Bsp. 11.1.-10: mittelbare Terzverwandtschaft in Terzfolgen

mittelbare Terzverwandtschaft in Terzfolgen


11.2. Übersicht der Dreiklänge in der erweiterten Dur-Moll-Tonalität

bezogen auf Tonalität C

Dreiklang

wahrscheinlich

möglich

zweifelhaft

C

T

(D)S

 

c

t

(s)D

 

Cis

 

7.D / TPG / TGP

 

cis

 

TPg / TGp

 

Des

N

sG

2.sP

des

sg

(s)tG

n

D

2.D

SP

 

d

Sp

S6 / (s)Tp

2.Sg

Es

tP

(D)tG / (N)2.D

dG

es

 

tp

dg

E

(D)Tp

TG / DP / 4.D

 

e

Tg / Dp

D6 / (s)Dg

 

Fes

 

tgG

 

fes

 

tgg

 

F

S

(D)2.S / (N)Dp

 

f

s

 

Ng

Fis

(D)Dg

6.D / TPP

2.DG

fis

2.Dg

TPp

 

Ges

2.sG

tpP

 

ges

 

tpp / (s)N

 

G

D

 

 

g

 

2.Sp / 2.S6 / (D6)tP / (s)Sp

d

Gis

 

TGG

 

gis

 

TGg

 

As

tG / sP

(D)N / (N)D

 

as

Dv5<7

sp / (s)tP

tg

A

(D)Sp

TP / SG / 3.D

 

a

Tp

Sg / (s)Dp

 

B

2.S

(D)tP

dP

b

2.s

Np

dp

H

(D)Dp

DG / 5.D

2.DP

h

Dg

2.D6 / 2.Dp

 

Ces

 

tpG

 

ces

 

tpg

 

11.3. Einbindung terzverwandter Klänge in das harmonische Geschehen

1 Terzverwandte Dreiklänge treten auf

Bsp. 11.3.-1: Kadenzbeispiel mit Stellvertreterklängen

Kadenzbeispiel mit Stellvertreterklängen


Bsp. 11.3.-1: Bei (a) ersetzt vertritt Sp die S (Moll- statt Dur-Dreiklang, Verstärkung durch den Quintfall zur D); an die Stelle von T und S treten bei (b) tG (Trugschluss, Verzögerung) und bei (c) sG (Verstärkung durch den Gleittonbezug zum folgenden DT).

Bsp. 11.3.-2: Beispiel einer mit Terzverwandten erweiterten Kadenz

Beispiel einer mit Terzverwandten erweiterten Kadenz


Bsp. 11.3.-2: T und S werden jeweils gefolgt von ihren Parallelen (Erweiterung der tonikalen bzw. subdominantischen Ebene durch einen zusätzlichen Klang und klangliche Variation [Dur-, dann Moll-Dreiklänge]).

Bsp. 11.3.-3: Erweiterung des tonalen Raums durch entfernte Terzverwandte

Erweiterung des tonalen Raums durch entfernte Terzverwandte


Bsp. 11.3.-3: Alle 12 Töne innerhalb der Oktav kommen vor. Der h-Moll-Dreiklang (b) ist eindeutig Parallele der vorausgehenden 2.D und nicht der D vorausgehender Dg. Ebenso wird der b-Moll-Dreiklang (a) als Parallele des vorausgehenden N gehört.

2 Terzverwandte können selbst ein funktionales Feld um sich herum aufbauen. Sie sind im Sinne einer Ausweichung als neue tonale Ebene (Tonart) zu deuten, die durch auf sie bezogene Funktionen (vor allem die zugehörige Dominante) bestätigt wird.

Dieses Phänomen wird als „auskomponierte Stufe“ bezeichnet. Die Stufe wird zur Zwischentonika, auf die sich eine Zwischendominante und eine Zwischensubdominante beziehen lassen. So können vollständige Zwischenkadenzen entstehen.

Bsp. 11.3.-4: „auskomponierte Stufe“

„auskomponierte Stufe“


Bsp. 11.3.-4: Der 2. bis 5. Akkord ist bezogen auf a-Moll eine Zwischenkadenz. Die beiden der Tp (T.1/1) vorausgehenden Dreiklänge sind auf sie bezogen s und D; der 5. Akkord wird dann noch als s mit Terzbass gehört.

3 Wenn Terzverwandte ihre Bezugsfunktion nicht ersetzen, folgen sie ihr meist unmittelbar nach.

Die stärkere (authentische) Wirkung entsteht, wenn es sich dabei um den unteren Terzverwandten handelt, in der harmonischen Bewegung also ein Terzsprung abwärts erfolgt (fallende Terzverwandtschaft). Dadurch folgt ein Ton, der im vorangegangenen Akkord noch nicht vorkam.

Schwächer (plagal) wirkt steigende Terzverwandtschaft 1. und 2. Grades. Dann ist der Grundton des Folgeakkordes bereits im vorhergehenden enthalten.

11.3.1. Nebenfunktionen in Dur

Auf den Nebenstufen 2, 3 und 6 in Dur stehen Moll-Dreiklänge. II, III und VI werden als Nebenfunktionen in Abhängigkeit von den Hauptfunktionen (als deren 1. Terzverwandte) angesehen.

Die VII ist keine eigenständige Nebenfunktion, sondern verkürzter Dominantseptakkord (D7).

11.3.1.1. VI in Dur (Tp und Sg)

Die VI hat zwei gemeinsame Töne sowohl mit der Tonika als auch mit der Subdominante:

     T1 bzw. S5 als Terz, S3 als Grundton und T3 als Quinte

Die VI ist entweder Parallele der Tonika (Durtonika-Mollparallele, Tp) oder Gegenklang der Subdominante (Dursubdominant-Mollgegenklang, Sg). Die Bindung an die Tonika ist stärker, weil die VI den T1 enthält.

Bsp. 11.3.1.-1: VI in Dur als Tp oder Sg

VI in Dur als Tp oder Sg


Welche der beiden möglichen Funktionen vorliegt, entscheidet der harmonische Kontext.
Entscheidend dafür sind die Funktionen vor und nach der VI:
Nach T, D (Bsp. 11.3.1.-2) und Sp (Bsp. 11.3.1.-3a) funktioniert die VI als Tp; ebenso nach der III, wenn sie Dp ist (Bsp. 11.3.1-5a).
Geht die S (Bsp. 11.3.1.-4) oder die III als Tg (Bsp. 11.3.1-5b) voraus, funktioniert sie als Sg.

Vorgänger:

T

Sp

III

S

D

Tg

Dp

Funktion der VI:

Tp

Tp

Sg

Tp

Sg

Tp

 

Stellvertreter

Wechsel der
funktionalen Ebene

Stellvertreter

Stellvertreter
(Trugschluss)

 

Vor der S und Sp (Bsp. 11.3.1.-2) ist die VI immer Tp.
Vor der T (Bsp. 11.3.1-5b) ist VI immer Sg, ebenso vor der III als Tg (Bsp. 11.3.1-5c).
Folgen D (Bsp. 11.3.1.-3a Tp, 11.3.1-3b Sg) oder III als Dp (11.3.1-3e Tp, 11.3.1-3d Sg), sind beide Deutungen möglich in Abhängigkeit von der vorausgehenden Funktion.

Nachfolger:

T

Sp

III

S

D

Tg

Dp

Funktion der VI:

Sg

Tp

Sg

Tp
Sg

Tp

Sg
Tp

 

Wechsel der funktionalen Ebene

 

Bsp. 11.3.1.-2: VI als Tp

VI als Tp


Bsp. 11.3.1-2: In beiden Fällen des Auftretens ist VI als Tp anzusehen: bei (a) wird die tonikale Ebene ausgeweitet, bei (b) ist sie Stellvertreterklang der T.

Bsp. 11.3.1.-3: VI vor der D als Tp oder Sg

VI vor der D als Tp oder Sg


Die letzten drei Akkorde in Bsp. 11.3.1.-3 sind jeweils VI-V-I.
In Bsp. 11.3.1.-3a ist VI Stellvertreterklang der T, da zwei quintverwandt Klänge (II und VI) nicht zur gleichen Ebene gehören können, II jedoch immer als Sp funktioniert.
In Bsp. 11.3.1.-3b ist VI Stellvertreterklang der S. Grund hierfür ist die betontere Position gegenüber der davor erklingenden T.

Bsp. 11.3.1.-4: VI als Erweiterung der subdominantischen Ebene

VI als Erweiterung der subdominantischen Ebene


Bsp. 11.3.1.-4: am Ende des Beispiels wiederum die Folge VI-V-I. VI ist Sg, da die betontere S vorausgeht.

Bsp. 11.3.1.-5: VI in Verbindung mit anderen Nebenstufen

VI in Verbindung mit anderen Nebenstufen


Bsp. 11.3.1.-5a: Es folgen alle drei Nebenstufen quintfällig unmittelbar aufeinander. In diesem Falle müssen sie allesamt unterschiedlichen funktionalen Ebenen angehören. Also ist hier VI eindeutig Tp.
Bsp. 11.3.1.-5b: Der S folgt die III als Tonikavertreter (Tg). Daher kann die quintverwandte VI nicht auch Tonikavertreter sein, sondern funktioniert als Subdominantvertreter (Sg). Darüber hinaus ist VI betonter als die nachfolgender T, ein weiterer Grund, sie nicht als Tonikavertreter anzusehen.
Bsp. 11.3.1.-5c/d: in beiden Fällen ist VI Erweiterung der subdominantischen Ebene. Daran ändert die nachfolgende III (einmal als Tg und dann als Dp) nichts.
Bsp. 11.3.1.-5e: hier ist VI Erweiterung der tonikalen Ebene, also Tp.

Die VI mit Terzbass kommt selten, meist in Sequenzen, vor.

11.3.1.2. III in Dur (Dp und Tg)

Die III hat zwei gemeinsame Töne sowohl mit der Tonika als auch mit der Dominante:

     D1 bzw. T5 als Terz, T3 als Grundton und D3 als Quinte

III ist entweder Parallele der Dominante (Dominant-Mollparallele, Dp) oder Gegenklang der Tonika (Durtonika-Mollgegenklang, Tg). Die Bindung an die Dominante ist stärker, da III den D1 enthält und darüber hinaus den Leitton der Tonart (D3). In den meisten Fällen wird also Dp vorliegen.

Bsp. 11.3.1.-7: III in Dur als Dp oder Tg

III in Dur als Dp oder Tg


Welche der beiden möglichen Funktionen vorliegt, entscheidet der harmonische Zusammenhang.
Ausschlaggebend sind die Funktionen vor und nach der VI.
Nach der T funktioniert die III als Dp, wenn wiederum die T folgt (Bsp. 11.3.1.-8 T.3); wird mit einer anderen Funktion fortgesetzt ist sie Tg (Bsp. 11.3.1.-8 T.1).
Nach S und Sp ist die III Dp, wenn Tp folgt (Bsp. 11.3.1.-9 T.3), ansonsten Tg (Bsp. 11.3.1.-9 T.1).
Nach der D wird III als Tg zu deuten sein, wenn S oder Sp folgt (Bsp. 11.3.1.-10 T.1), sonst ist sie Dp.
Folgt die III der VI, ist sie Dp (Bsp. 11.3.1.-10 T.2).

Vorgänger:

T

Sp

S

D

VI

Tp

Sg

Funktion der III:

Dp T
Tg X

Dp Tp
Tg X

Dp Tp
Tg X

Tg S/Sp
Dp X

Dp

Dp

 

Vor T (Bsp. 11.3.1.-8 T.3) und VI als Tp (Bsp. 11.3.1.-9 T.3) ist III immer als Dp zu deuten.
Vor Sp (Bsp. 11.3.1.-10 T.1), S (Bsp. 11.3.1.-8 T.1), D (Bsp. 11.3.1.-9 T.2)und VI als Sg wird III immer als Tg interpretiert.

Nachfolger:

T

Sp

S

D

VI

Tp

Sg

Funktion der III:

Dp

Tg

Tg

Tg

Dp

Tg

 

Verbleibende Zweifelsfälle sind nur im konkreten Kontext entscheidbar. Im äußersten Notfall kann der Dreiklang bei der Analyse statt mit einem Funktionssymbol mit der Stufenbezeichnung (III) bezeichnet werden.

Bsp. 11.3.1.-8: III nach der T als Dp oder Tg

III nach der T als Dp oder Tg


In Bsp. 11.3.1.-8 folgt die III zwei Mal der T. Bei (a) erweitert sie als Tg die tonikale Ebene vor der S, bei (b) erfolgt mit ihr als Dp ein Funktionswechsel, da wiederum T folgt. Es entsteht ein harmonisches Pendel, das als solches nur als Funktionswechsel zu verstehen ist.
Tg eignet sich vorzüglich dazu die Tonfolge 8 7 6 zu harmonisieren.

Bsp. 11.3.1.-9: III nach subdominantischen Klängen als Dp oder Tg

III nach subdominantischen Klängen als Dp oder Tg


Im Bsp. 11.3.1.-9 gehen in beiden Fällen der III subdominantische Klänge voraus. Bei (a) ist III als Tg aufzufassen, da D folgt. Bei (b) folgt Tp, daher ist III in diesem Fall Dp (zwei quintverwandte Klänge können nicht zur gleichen funktionalen Ebene gehören).

Bsp. 11.3.1.-10: III vor der Sp als Dp oder Tg

III vor der Sp als Dp oder Tg


In Bsp. 11.3.1.-10 folgt der III zwei Mal die Sp. Bei (a) geht die D voraus; danach wird ein tonikaler Klang erwartet, ebenso vor einem subdominantischen Klang. Bei (b) folgen die drei Nebenstufen unmittelbar aufeinander, allerdings nicht quintfällig. Da II immer Sp ist und der VI die Sp vorausgeht muss III als Dp gedeutet werden.

Die III mit Terzbass stabilisiert die Zugehörigkeit zur Dominante. Meist wird, um dies zu verdeutlichen, die Terz (= D1) verdoppelt. Dieser Klang wird nicht mehr als Dominantstellvertreter angesehen, sondern als Dominante mit Sexte statt Quinte (dominantischer Sextakkord → 7.2.4.2.). (Bsp. 11.3.1.-11)

Bsp. 11.3.1.-11: III mit Terzbass als D6

III mit Terzbass als D6


11.3.1.3. II in Dur (Sp)

Die II hat zwei gemeinsame Töne mit der Subdominante:

     S1 als Terz und S3 als Quinte

Alle drei Töne können auch dominantisch gedeutet werden (D5, D7 und D9); S1 und S3 sind allerdings viel gewichtiger. Daher:

Die II funktioniert regelmäßig als Parallele der Subdominante (Dursubdominant-Mollparallele, Sp).

Bsp. 11.3.1.-12: II in Dur als Sp

II in Dur als Sp


Die II mit Terzbass verstärkt den subdominantischen Charakter. Meist wird, um dies zu verdeutlichen, die Terz (= S1) verdoppelt. Dieser Klang wird nicht mehr als Subdominantstellvertreter angesehen, sondern als Subdominante mit Sexte statt Quinte (subdominantischer Sextakkord → 8.2.2.). (Bsp. 11.3.1.-13)

Bsp. 11.3.1.-13: II mit Terzbass als S6

II mit Terzbass als S6


11.3.2. Nebenfunktionen in Moll

Die Verhältnisse in Moll sind trotz oder auch gerade wegen des reichhaltigeren Akkordbestandes eindeutiger. Welche Stufen in Moll Nebenstufen sind, hängt davon ab, aus welchem Moll-Tonvorrat die leitereigenen Dreiklänge gebildet werden. Von harmonischer Bedeutung sind harmonisches Moll und natürliches Moll.

Im harmonischen Moll gibt es nur einen Nebenfunktion. Auf der 6 steht ein Dur-Dreiklang, der 1. Terzverwandter von Tonika und Subdominante ist.

Die übrigen Nicht-Hauptfunktionen sind keine eigenständigen Nebenfunktionen, da es sich bei ihnen nicht um Dur- oder Moll-Dreiklänge handelt. Sie werden als besondere Formen von Dominante und Subdominante aufgefasst:
II ist ein verminderter Dreiklang und wird als subdominantischer Sextakkord (s6) angesehen.
III ist ein übermäßiger Dreiklang und hat die Bedeutung eines dominantischen Sextakkordes (D6–).
VII ist ein verminderter Dreiklang und verkürzter Dominantseptakkord (D7).

Im natürlichen Moll gibt es, außer auf der 6 (wie im harmonischen Moll), auch auf den Nebenstufen 3 und 7 Dur-Dreiklänge, die 1. Terzverwandte von Tonika bzw. Dominante sind.

II ist keine eigenständige Nebenfunktion, sondern subdominantischer Sextakkord wie im harmonischen Moll.

11.3.2.1. VI in Moll (tG und sP)

Die VI hat zwei gemeinsame Töne sowohl mit der Tonika als auch mit der Subdominante:

     t1 bzw. s5 als Terz, s3 als Grundton und t3 als Quinte

Die VI ist entweder Gegenklang der Tonika (Molltonika-Durgegenklang, tG) oder Parallele der Subdominante (Mollsubdominant-Durparallele, sP). Die Bindung an die Tonika ist stärker, weil die VI den t1 enthält.

Bsp. 11.3.2.-1: VI in Moll als tG oder sP

VI in Moll als tG oder sP


Welche Funktion vorliegt, entscheidet der harmonische Zusammenhang.
Nach der D ist VI immer tG (Bsp. 11.3.2.-2 T.1).
Nach t, tP, s und vor der D funktioniert VI als sP (Bsp. 11.3.2.-2 T.3).

Bsp. 11.3.2.-2: VI als Tonika- bzw. Subdominantstellvertreter

VI als Tonika- bzw. Subdominantstellvertreter


Bsp. 11.3.2.-2: Bei (a) ist die VI als Trugschlussklang Tonikavertreter. Bei (b), betonter als die vorausgehende t und vor der D, ist eine Erklärung als sP einleuchtender.

Wie jeder Dur-Dreiklang hat auch die VI die Tendenz sich quintfällig fortzusetzen. Geschieht dies, wird er zur (echten) Zwischendominante. Der Auflösungsklang der VI steht auf der b2 (phrygische Sekunde) und ist der Neapolitaner (Bsp. 11.3.2.-3).

Bsp. 11.3.2.-3: VI als Zwischendominante des Neapolitaners

VI als Zwischendominante des Neapolitaners


Bsp. 11.3.2.-3: Die VI in T.1 kann nach der tP nicht ein weiterer Tonikastellvertreter sein. Die tP erweist sich aber als Zwischendominante zum folgenden VI, welches dann als tG funktionieren kann. Auch dieser tG wird Zwischendominante zum nachfolgenden N. Die beiden Quintfälle III-VI-bII bilden eine Dominantkette, so dass rückwirkend Es-Dur sogar als Doppeldominante des Neapolitaners gehört werden kann.

11.3.2.2. III in Moll (tP)

Die III des natürlichen Moll hat zwei gemeinsame Töne sowohl mit der Tonika als auch mit der V

     d1 bzw. t5 als Terz, t3 als Grundton und d3 als Quinte

Da die V im natürlichen Moll ein Moll-Dreiklang und damit keine echte Dominante ist (fehlender Leitton), ist die III als deren Terzverwandte nur schwer verständlich. Trotzdem soll hier die V als „Molldominante“ (d) bezeichnet sein.

Die III ist als 1. Terzverwandte entweder Parallele der Tonika (Molltonika-Durparallele, tP) oder (rechnerisch) Gegenklang der Molldominante (dG). Die Bindung an die Molldominante ist scheinbar stärker, weil die III den d1 enthält. Das Fehlen des Leittons und die t3 als Grundton lässt allerdings ihre Bedeutung als Parallele (= Tonika der parallelen Dur-Tonart) in den Vordergrund treten.

Dies ist ein Hauptgrund für die Ausweichungstendenz von Moll zum parallelen Dur. In Dur ist das primäre Ziel bei Ausweichungen die Dominanttonart.

In den meisten Fällen wird also tP vorliegen.
Darüber hinaus wird die III als Dur-Dreiklang sich leicht als Zwischendominante zur VI verstehen lassen ((D)sP). Dies ist genau dann der Fall, wenn die VI vorausgeht oder folgt.

Bsp. 11.3.2.-4: III in Moll als tP oder dG

III in Moll als tP oder dG


Bsp. 11.3.2.-5: Ausweichung in die tP

Ausweichung in die tP


Bsp. 11.3.2.-5: Das Hörverständnis dieser Kadenz vollzieht sich so: Nach der t (c-Moll) wird III (Es-Dur) als tP gehört. Der nachfolgende Quintfall führt zur VI (As-Dur), die nicht wiederum Stellvertreterklang der t sein kann, sondern nur Stellvertreter der s (also sP). Rückbezüglich ist die III nun dessen Dominante. Die Ausweichung in die parallele Dur-Tonart vollzieht sich, wenn nun die aeolische VII folgt (B-Dur): zwei Dur-Dreiklänge auf benachbarten Stufen im Ganztonabstand werden als S und D verstanden; die zugehörige T ist der Es-Dur-Dreiklang in T.1. Ohne diesen Bezug müsste B-Dur als dP und die folgende V als d erklärt werden. Indessen wird g-Moll selbstverständlich als die der D folgende Parallele (Dp) gehört. Es folgt I mit Terzbass, welches im Es-Dur-Kontext Tp ist. Erst wenn in T.4 f-Moll mit sixte ajoutée folgt, geschieht die Rückkehr nach c-Moll und die Tp von Es-Dur wird nachträglich als t verstanden.

11.3.2.3. VII (Doppelsubdominante)

Die VII des natürlichen Moll hat zwei gemeinsame Töne mit der V

     d3 als Grundton und d5 als Terz

Der Dur-Dreiklang auf der b7 wird auch als „aeolische VII“ bezeichnet.

Die VII wird keinesfalls als Parallele einer „Molldominante“ gehört, sondern vielmehr als Zwischendominante zur tp, immer dann, wenn diese folgt oder vorausgeht.
Eine weitere Möglichkeit ist die Deutung als Subdominante der Subdominante (Durdoppelsubdominante, 2.S). Dies ist immer dann möglich, wenn unmittelbar s folgt.

Bsp. 11.3.2.-6: VII in Moll als Zwischendominante zur tP oder als 2.S

VII in Moll als Zwischendominante zur tP oder als 2.S


Bsp. 11.3.2.-6: Der B-Dur-Dreiklang bei (a) ist wegen der nachfolgenden tP dessen Zwischendominante, während er vor der s bei (b) nur als S auf diese bezogen werden kann, also 2.S ist.

Bsp. 11.3.2.-7: Sekundgang im Bass mit aeolischer VII

Sekundgang im Bass mit aeolischer VII


Bsp. 11.3.2.-7a zeigt das phrygische Kadenzmodell, das auch als Flamenco-Kadenz (→ 6.3.2.3.) bekannt ist. Die gleiche Bass-Bewegung (Sekunden in die gleiche Richtung = Sekundgang) ist in Bsp. 11.3.2.-7b zu sehen, allerdings sind hier die Basstöne jeweils Grundtöne. B-Dur und As-Dur können hier ebenso als 2.S bzw. sp wie auch als umgekehrte Zwischenkadenz zum folgenden Es-Dur (tP) erklärt werden, keinesfalls einleuchtend ist eine Abfolge von Molldominant- und Tonikavertretern. Dieses Beispiel verdeutlicht die funktionale Einordnung der Dreiklänge im natürlichen Moll, das gerade bei mehreren unmittelbar sich folgenden Nebenstufen seinen modalen Ursprung (aeolisch) zeigt.

11.3.2.4. bII in Moll (Neapolitaner)

Wird die 2 in Moll tiefalteriert, steht auf ihr ein Dur-Dreiklang. bII ist ein subdominantischer Klang und funktioniert rechnerisch als unterer 1. Terzverwandter (sG). Die außergewöhnliche Wirkung dieses Klanges rechtfertigt in ausschließlich als Neapolitaner (→ 8.3.1.1.) mit eigenem Funktionssymbol (N) zu betrachten.

 

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